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Keine Haftung wegen Posens!

AG Ulm, Urteil vom 22.06.2023, Az. 6 C 1429/22

Sowohl auf trockenen als auch auf feuchten und schneebedeckten Flächen lässt es sich gut Driften. „Experten“ sind dabei auch zu erstaunlichen Stunts fähig. Da aber nicht jeder ein Experte ist, endet so manche Show auf eher unspektakuläre Weise oder gar in einem Unfall.
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27.12.2023
ca. 3 Minuten
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Ein Unfall lag auch bei einem Sachverhalt zugrunde, über den das Amtsgericht Ulm zu entscheiden hatte und bei dem zwei Fahrzeuge beim Linksabbiegen an einer Ampel miteinander kollidiert waren.

Ursächlich war, dass ein Autofahrer es beim Anfahren an einer Ampel mit der Beschleunigung offenbar etwas übertrieben hatte. Jedenfalls war das Heck seines Fahrzeugs infolge der Beschleunigung beim Linksabbiegen ausgebrochen und unvermittelt in der Seite des Fahrzeugs auf der daneben verlaufenden Fahrspur gelandet.

Der Prozess war notwendig geworden, da der Unfallverursacher die Schuld lieber beim Unfallopfer gesucht und dieses bezichtigt und sein Versicherer ihn darin zumindest zu 50% zugestimmt hatte.

Aussage stand gegen Aussage!

Der geschädigte Autofahrer (Kläger) gab an, er habe sich mit seinem Fahrzeug auf der rechten von zwei Linksabbiegerspuren befunden und sei normal angefahren, als das Heck des Fahrzeugs daneben mit seinem kollidiert sei.

Der Lenker dieses Fahrzeugs (Beklagter) und sein Beifahrer bezichtigten dagegen übereinstimmend den Geschädigten. Sie gaben zwar ein zügiges Anfahren nach der Rotphase zu.  Ein Driften oder gar Ausbrechen des Hecks bestritten sie jedoch. Zur Kollision sei es nur gekommen, weil das Fahrzeug auf der rechten Fahrspur die Kurve geschnitten habe. Zeugen hatten zwar ein Quietschen von Reifen gehört, die Kollision aber nicht gesehen.

Das Sachverständigengutachten gab den Ausschlag!

Die Angaben der Insassen des unfallverursachenden Fahrzeugs stimmten zwar inhaltlich überein. Die Feststellungen des hinzugezogenen Sachverständigen zeichneten aber ein ganz anderes Bild. Dieser konnte sowohl den zum Bewegungsablauf des vom Beklagten geführten Fahrzeugs nachzeichnen als auch die Entstehung des Schadens anhand des Spurenbildes plausibel erklären. Und demzufolge lag es eben nicht nur nahe, sondern stand fest, dass das Fahrzeug des Beklagten kausal für die Entstehung des Schadens war.

Anhaltspunkte für eine anteilige Verursachung durch das Fahrzeug des Geschädigten, wie z.B. Reifenspuren seines Fahrzeugs, waren nicht vorhanden. Aussagen von Zeugen, denen zufolge der Beklagte bereits zuvor durch „Burnouts“ aufgefallen war, untermauerten die Feststellungen des Sachverständigen.

Grobes Verschulden lässt die Betriebsgefahr entfallen!

Das Gericht hatte nun noch zu klären, ob und in welchem Umfang die Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Geschädigten zu berücksichtigen sein könnte. Ausschlaggebend war, dass der Beklagte habe sich nicht nur grob verkehrswidrig verhalten, sondern auch die Ursache für die Kollision geschaffen hatte. Denn „ohne das Ausbrechen des Hecks des Beklagtenfahrzeugs (wäre es) in keinem Fall zu einer solchen gekommen.“ 

Der Anspruch des Geschädigte wurde deshalb – ohne Abzüge wegen eines Mitverschuldens aus Betriebsgefahr – bestätigt.

Was ist mit der Kaskoversicherung?

Sollte der Unfallfahrer über eine Kaskoversicherung verfügen, könnte er Glück im Unglück haben. Dafür muss allerdings sowohl ein Kaskoversicherungsvertrag bestehen als auch ein Ausschluss des Einwands der groben Fahrlässigkeit vorliegen. Sollte ein Versicherer sich auf Vorsatz berufen, muss er ihn beweisen.

In einer Presserklärung des Landgerichts Coburg, zu einem Urteil vom 26.01.2024, Az. 24 O 366/23 heißt es dazu: “Der Versicherer habe im Vertrag ausdrücklich auf den Einwand der groben Fahrlässigkeit gegenüber dem Kläger verzichtet. Nur solche sei aber vorliegend feststellbar. Vorsatz könne … hingegen nicht nachweisen werden. Im Gegenteil spreche Vieles dafür, dass der Kläger auf das Gelingen des Driftmanövers vertraut habe. Mit dem Unfall war es nämlich vorbei mit dem Imponiergehabe gegenüber seinem Beifahrer.”

Fazit

Es ist nicht ungewöhnlich, wenn sich die Aussagen der an einem Unfall beteiligten Personen widersprechen. Schließlich geht es nicht nur um Schadenfreiheitsrabatt, sondern auch um eine mögliche Verkürzung der eigenen Ansprüche. Hinzu kommt dann noch das Bestreben des eintrittspflichtigen Versicherers, der seine Aufwendungen so gering wie möglich halten möchte.

In vielen Fällen bleibt dann nur der Weg zu Gericht.

Sollten Sie sich in einer derartigen Situation befinden und um den Ihnen zustehenden Ersatz kämpfen müssen, sprechen Sie mit und überlassen Sie uns die Durchsetzung Ihrer Ansprüche.

Voigt regelt!

Aktualisiert am 10.06.2024

Bildnachweis: mike noga / Pexels

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