Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit Urteil vom 14.12.2017 entschieden, dass der Betreiber einer Waschstraße grundsätzlich nur für schuldhafte Pflichtverletzungen einzustehen habe. Laut Pressemitteilung haftet der Betreiber einer Waschanlage nur dann für Beschädigungen an Kundenfahrzeugen, wenn diese auf eine schuldhafte Pflichtverletzung zurückzuführen sind.
Was war passiert?
Der Beklagte betreibt eine Tankstelle mit einer automatischen Portalwaschanlage in der Wetterau. Am Eingang der Anlage hängen Allgemeine Geschäftsbedingungen. Dort heißt es in Ziff. 3: Bei Eintritt eines Schadens durch den Waschvorgang in der Waschanlage haftet der Waschanlagenunternehmer für den unmittelbaren Schaden. Als der Kläger die Waschanlage nutzte, kollidierte der Trocknungsbalken mit der Windschutzscheibe des Fahrzeugs und beschädigte sie. Ursächlich war ein defekter Sensor. Dieser führte dazu, dass der Gebläsebalken das Fahrzeug nicht korrekt erkannte und deshalb nicht die tatsächliche Kontur abfuhr. Als der Geschädigte den Betreiber der Waschanlage auf Schadensersatz in Anspruch nahm, lehnte dessen Haftpflichtversicherung eine Begleichung der Schäden ab und es kam zum Prozess.
Nachdem das Landgericht Gießen (Grund- und Teilurteil vom 17.03.2017, Az. 5 O 164/16) dem Kläger einen Teilbetrag zugesprochen hatte, ging der Beklagte in die Berufung zum OLG.
Zum Ausgang des Prozesses heißt es in der Pressemitteilung wie folgt:
“Das OLG hat das Urteil abgeändert und die Klage vollständig abgewiesen. Der Beklagte müsse nicht für die Beschädigungen einstehen. Es treffe ihn keine schuldhafte Pflichtverletzung; Anhaltspunkte für die Übernahme einer verschuldensunabhängigen Haftung lägen nicht vor. Grundsätzlich hafte der Betreiber einer Autowaschstraße zwar für Fahrzeugschäden, die bei der Benutzung seiner Waschanlage entstehen. Es sei dabei auch zu vermuten, dass die Schadensursache im Organisations- und Gefahrenbereich des Betreibers liege, wenn – wie hier – kein Fehlverhalten des Nutzers oder aber ein Defekt des Fahrzeugs vorlägen.
Der Betreiber der Waschstraße könne jedoch nachweisen, dass der Schaden auch bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt nicht zu vermeiden gewesen sei. Dieser Nachweis sei dem Beklagten hier gelungen. Das Landgericht habe festgestellt, dass die Beschädigung durch einen defekten Sensor der Waschanlage verursacht worden sei. Der Kläger behaupte auch nicht, dass dieser Defekt in der Programmierung des Gebläsebalkens vom Beklagten hätte erkannt werden können. Den Beklagten treffe damit kein Verschulden an dem Schaden.
Der Beklagte habe auch nicht eine verschuldensunabhängige Haftung übernommen. Wortlaut sowie Sinn und Zweck von Ziff. 3 seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen bezögen sich bei verständiger Auslegung allein auf die Eingrenzung der Haftung auf unmittelbare Schäden. Es entspreche allgemeinen vertraglichen Grundsätzen, dass im Regelfall nur für verschuldete Schäden einzustehen ist. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sei zudem davon auszugehen, dass sich Unternehmer regelmäßig vor Schadensersatzansprüchen schützen wollen, die in ihren Auswirkungen unübersehbar sind, sich einer wirtschaftlich vertretbaren Risikodeckung entziehen und über den Wert der Gegenleistung weit hinausgehen. So liege es hier. Der Kläger werde im Übrigen nicht rechtlos gestellt, da eine Inanspruchnahme des Herstellers der Waschstraße möglich sei.”
Kanzlei Voigt Praxistipp
Oftmals entscheiden Details darüber, ob und von wem ein Geschädigter Schadenersatz erhält. Diese Details herauszufinden ist nicht nimmer einfach. Sollte sich zudem während des Prozesses herausstellen, dass ein ungünstiger Ausgang zu befürchten ist, weil der Anspruch z.B. gegenüber einem Dritten und nicht gegenüber dem Beklagten besteht, können weitere prozessuale Maßnahmen – z.B. eine Streitverkündung – in Erwägung zu ziehen sein.
Ob und wann dies zielführend ist, kann indes nur der versierte Rechtsanwalt beurteilen.
Die Rechtsanwälte der ETL Kanzlei Voigt stehen Ihnen hier beratend zur Seite.