AG Celle, Urteil vom 27. September 2023, Az. 130 C 409/23 (8.1)
LG München I, Hinweisbeschluss v. 03.01.2023, Az. 17 S 11554/22
Großkundenrabatte sind, wie – alle anderen die Schadenhöhe beeinflussenden Faktoren auch – bei der subjektbezogenen Schadenbetrachtung nur dann berücksichtigungsfähig, wenn sie sich auch tatsächlich auf die Schadenhöhe auswirken. Dazu müssen derartige Faktoren aber eben auch vorliegen.
In einem Urteil 29.10.2019 (Az. VI ZR 45/19) hatte der BGH ausgeführt, dass wenn ein Geschädigter über besondere Expertise, erhöhte Einflussmöglichkeiten oder sonstige Vorteile oder Erleichterungen verfügt, diese zugunsten des Schädigers zu berücksichtigen sind.
Explizit hat der BGH den Werksangehörigenrabatt (BGH, Urt. v. 18.10.2011, Az. VI ZR 17/11) oder Erkenntnismöglichkeiten eines mit dem An- und Verkauf von gebrauchten Kraftfahrzeugen befassten Unternehmens (BGH, Urt. v. 25.06.2019, Az. VI ZR 358/18) erwähnt. Dagegen ist auch nichts einzuwenden, vorausgesetzt die Vorteile sind tatsächlich gezogen worden oder hätten gezogen werden können.
Hätte der Geschädigte in dem hier zugrundeliegenden Prozess einen Rabatt in Anspruch genommen, wäre dieser bei der Entschädigung auch zu berücksichtigen gewesen. Dies war aber nicht der Fall.
Möglicherweise kannte das Gericht ja die Entscheidungen des LG München I vom 03.01.2023, Az. 17 S 11554/22 oder des LG Nürnberg-Fürth vom 16.01.2019, Az. 8 S 3262/18. Beide Urteile statuieren, dass Großkundenrabatte auch bei der fiktiven Schadensabrechnung zu berücksichtigen sind, wenn ein Geschädigter sie auch für die Reparatur des Unfallfahrzeugs in Anspruch nehmen könnte.
Das passt auch. Schließlich hat ein Schädiger gemäß § 249 Abs. 1 BGB den Zustand wieder herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Bei einer tatsächlichen Reparatur sind daher die Reparaturkosten, bei der fiktiven Abrechnung ist der zur Herstellung des vorherigen Zustandes erforderliche Geldbetrag zu leisten – nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.
Für einen Großkundenrabatt bedeutet dies, dass er nur abgezogen werden kann, wenn er auch existiert.
Dessen ungeachtet darf aber nicht übersehen werden, dass wenn ein Neuwagenrabatt bei einer Ersatzbeschaffung zum Abzug gebracht wird, ein Geschädigter schlechter gestellt ist als ohne das Unfallereignis, da er den wirtschaftlichen Vorteil verliert (vgl. AG Borna, Urt. v. 01.11.2023, Az. 11 C 264/23).
Da es sich bei dem Geschädigten um eine Autowerkstatt handelte, unterstellte der Versicherer, dass er einen „branchenüblichen Nachlass von 15% erhalte.“ Außerdem meinte er, UPE-Aufschläge und Verbringungskosten seien nur bei tatsächlicher Reparatur erstattungsfähig.
Das Gericht machte kurzen Prozess. Der Geschädigte hatte die Höhe des Schadens durch ein Sachverständigengutachten belegt und das Gericht konnte keine Anhaltspunkte erkennen, wonach „die im Rahmen einer tatsächlichen Reparatur für die Klägerin anfallenden Reparaturkosten im Rahmen des Gutachtens des Ingenieurbüros … nicht berücksichtigt worden sind.“
Die Verkürzung der Schadensersatzleistung um den behaupteten Großkundenrabatt war damit schon einmal vom Tisch.
Anschließend fegte das Gericht noch die Verweigerung der Erstattung von UPE-Zuschlägen und Verbringungskosten vom Tisch. Beide Positionen waren ortsüblich, was der Versicherer übrigens auch nicht bestritten hatte. Das Gericht hatte hinsichtlich deren Berechtigung daher auch keine Bedenken; weder dem Grunde noch der Höhe nach.
Wenn es darum geht Geld zu sparen, stellen Versicherer gerne schon einmal Behauptungen auf, die in einem Prozess in sich zusammenfallen. Da etliche Geschädigte dies einfach so hinnehmen, weil sie einen Prozess scheuen, ist diese Taktik auch – unnötigerweise – immer wieder – von Erfolg gekrönt.
Wer im Rahmen eines Unfalls geschädigt worden ist und sicherstellen will, dass der Versicherer des Unfallverursachers den Schaden auch vollständig ersetzt, sollte mit uns sprechen. Wir kennen die Spielchen der Versicherer und wissen damit umzugehen.
Kurzum: Voigt regelt!