Wer einen nahen Verwandten durch einen Unfall verliert soll künftig für diesen Verlust mit der Zahlung eines Hinterbliebenenschmerzensgeldes entschädigt werden. Derzeit kennt unser Gesetz einen solchen Anspruch nicht, anders übrigens als die meisten anderen europäischen Länder (die wiederum kennen allerdings keinen Anspruch auf Nutzungsentschädigung).
Bislang können in Deutschland Angehörige eines bei einem Unfall getöteten Menschen nur dann Schmerzensgeld beanspruchen, wenn sie über die übliche Trauer hinaus eine eigene Gesundheitsbeschädigung erlitten haben. Eine solche Gesundheitsbeschädigung liegt jedoch nicht bereits dann vor, wenn sich das mit dem Verlust des Angehörigen verbundene seelische Leid in medizinisch relevanter Weise auf die körperliche Befindlichkeit der Hinterbliebenen auswirkt. Notwendig ist vielmehr (im Sinne eines Schockschadens) eine medizinisch fassbare psychische Beeinträchtigungen, die über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgehen, denen Hinterbliebene im Todesfall erfahrungsgemäß ausgesetzt sind (grundlegend: Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 11. Mai 1971 – VI ZR 78/70, BGHZ 56, 163, 165 f.; zuletzt: BGH, Urteil vom 10.Februar 2015 – VI ZR 8/14, NJW 2015, 2246, 2247). Es fällt in der Praxis daher naturgemäß sehr schwer, ein derartiges Angehörigenschmerzensgeld durchzusetzen.
Die Lösung dieses Problems naht jetzt anscheinend, denn das Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz hat einen Referentenentwurf veröffentlich mit dem Titel “Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Anspruchs auf Hinterbliebenengeld”. Ziel des Entwurfs ist eine Änderung bzw Erweiterung des Anwendungsbereichs von § 844 BGB. Dort soll ein weiterer Absatz eingefügt werden, wie folgt:
(3) Der Ersatzpflichtige hat dem Hinterbliebenen, der zur Zeit der Verletzung zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis stand, für das dem Hinterbliebenen zugefügte seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Ein besonderes persönliches Näheverhältnis wird vermutet, wenn der Hinterbliebene der Ehegatte, der Lebenspartner, ein Elternteil oder ein Kind des Getöteten war.
Damit soll nun also Hinterbliebenen, die in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis zum Getöteten standen, unabhängig vom Nachweis einer medizinisch fassbaren Gesundheitsbeeinträchtigung, ein Anspruch gegen den Verantwortlichen auf angemessene Entschädigung in Geld für das zugefügte seelische Leid eingeräumt werden. Zwar ist damit noch nicht festgelegt, wie hoch die Entschädigung ausfallen soll und wird, aber der Gesetzentwurf, der hier abgerufen werden kann, ist zumindest ein Schritt in die richtige Richtung.
Weiterführende Hinweise zur Gesamtproblematik finden sich bereits in dem Aufsatz “Die Schmerzensgelddiskussion in Deutschland: Bestandsaufnahme und europäischer Vergleich” von RA Bernd M. Höke, abgedruckt in NZV 2014, Seite 1-4. Der Geschäftsführer der Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH setzt sich in dieser Abhandlung ausführlich mit den Regelungen anderer europäischer Länder auseinander und zeigt damit einen Weg für eine mögliche Bemessung der Höhe der Entschädigung in Deutschland auf.