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Müssen Geschädigte die Reparatur vorfinanzieren?

Zwingt die Schadensminderungspflicht Geschädigte dazu eine Reparatur vorzufinanzieren, um die Anmietzeit eines Ersatzfahrzeugs zugunsten des Schädigers möglichst kurz zu halten? Wie verhält es sich bei geringen Eigenmitteln und muss im Zweifel sogar ein Kredit aufgenommen werden?
Informationen
07.09.2018
ca. 3 Minuten
Keine Pflicht zur Vorfinanzierung der Reparatur!

“So nicht” könnte man das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Celle vom 15.05.2018 (Az. 14 U 179/17) zusammenfassen. Das Gericht hat damit nicht nur die Entscheidung der Vorinstanz abgeändert, sondern auch den Versicherer in die Schranken verwiesen.

Was war passiert?

Das Auto eines Rentners wurde bei einem Unfall beschädigt. Der Versicherer des Unfallgegners regulierte den Schaden, allerdings nur zögerlich. Die Reparaturkosten in Höhe von knapp 9.500 Euro konnte der Mann nicht ohne weiteres vorstrecken und seine Vollkaskoversicherung wollte er nicht in Anspruch nehmen.

So nahm er für die 40 Tage bis zur Regulierung einen Mietwagen in Anspruch. Die entstandenen Kosten von rund 3.600 Euro wollte der Versicherer jedoch nicht übernehmen. Seiner Meinung nach hätte der Rentner im Rahmen der Schadenminderungspflicht die Reparaturkosten aus eigener Tasche vorfinanzieren müssen.

Der Rentner wollte dies aber weder hinnehmen noch auf den Kosten sitzen bleiben. Folglich zog er vor Gericht. Das Landgericht (LG) Stade wies die Klage des Rentners auf Erstattung der Mietwagenkosten zwar ab. Aber es sprach dem Mann einen Nutzungsausfall zu. Damit gab er sich nicht zufrieden und ging in Berufung.

Das Oberlandesgericht wies den Versicherer in die Schranken!

Das OLG sah die Sache ganz anders. Der Geschädigte sei unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nicht generell gehalten, den Schaden aus eigenen Mitteln vorzufinanzieren, um die Anmietzeit eines Ersatzfahrzeugs zugunsten des Schädigers möglichst kurz zu halten. Eine andere Auffassung sei mit der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich nicht vereinbar. Nur ausnahmsweise sei die Aufnahme eines Kredits zumutbar. Dies sei aber bei der geringen Rente des Geschädigten nicht der Fall.

Geschädigte müssen die Kaskoversicherung nicht einschalten!

Auch die Inanspruchnahme der Kaskoversicherung zur Schadensminderung lehnte das OLG ab: Sinn und Zweck der Kaskoversicherung sei es gerade nicht, den Schädiger zu entlasten. Vielmehr spielte das Gericht den Ball an den Versicherer zurück: Es sei in erster Linie Sache des Schädigers und der mit ihm gesamtschuldnerisch haftenden Beklagten, den Zeitraum, in dem das beschädigte Fahrzeug unfallbedingt nicht zur Verfügung stand, zu begrenzen und damit eine Vergrößerung des Schadens durch Nutzungsausfall oder Mietwagenkosten zu verhindern. Dies umso mehr, als der Geschädigte den Schaden zeitnah – unter ausdrücklichem Hinweis auf seine finanzielle Situation und die drohenden Mietwagenkosten – gemeldet und nach der Regulierungszusage unverzüglich den Reparaturauftrag erteilt hatte.

Welche Rolle spielte das AG Hildesheim?

Das AG Hildesheim hatte die Grundsätze für die Durchführung einer unfallbedingten Fahrzeugreparatur und die Pflicht zur Vorfinanzierung bereits 2008 in einem Urteil vom 29. Mai, Az. 47 C 258/07 auf den Punkt gebracht, wie folgt:

1. Ein durch einen Verkehrsunfall Geschädigter ist aufgrund seiner Schadensminderungspflicht gehalten, unverzüglich einen Auftrag zur Reparatur des geschädigten Fahrzeuges zu erteilen und für den schnellstmöglichen Beginn der tatsächlichen Fahrzeugreparatur Sorge zu tragen, sofern die Reparaturwürdigkeit feststeht und das Fahrzeug repariert werden soll, um die Zeit des Nutzungsausfalls so gering wie möglich zu halten.

Ein Geschädigter ist nicht berechtigt, mit der Reparatur seines geschädigten Fahrzeuges so lange zu warten, bis der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung eine bindende Erklärung abgegeben hat, für die Reparaturkosten aufzukommen. Deshalb hat ein Geschädigter auch keinen Anspruch auf Erstattung des aufgrund des Zuwartens bis zur Kostenübernahmeerklärung seitens des Schädigers bzw. dessen Haftpflichtversicherung zusätzlich entstandenen Nutzungsausfallschadens.

Für den Geschädigten hört sich dies zunächst nicht so gut an. Jedoch heißt es weiter:

2. Allerdings verstößt ein Zuwarten mit der Fahrzeugreparatur bis zur Erteilung einer Kostenübernahmeerklärung dann nicht gegen die Schadensminderungspflicht, wenn es dem Geschädigten finanziell nicht möglich ist, die Reparaturkosten selber zu tragen. Doch gilt dies nur dann, wenn der Geschädigte in einem solchen Fall dem Unfallgegner bzw. dessen Versicherung unverzüglich mitteilt, dass ihm die sofortige Erteilung eines Reparaturauftrages bzw. die sofortige Veranlassung eines tatsächlichen Reparaturbeginns ohne vorherige Kostenübernahmeerklärung aus finanziellen Gründen nicht möglich ist.

Fazit

Die Urteile zeigen zwar, wie auch das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 13.11.2008, Az. 1 S 34/08, wie wichtig es ist zeitnah mit dem entschädigungspflichtigen Versicherer zur kommunizieren und ihn auf die fehlende Möglichkeit der Vorfinanzierung der Reparatur hinzuweisen. Sie belegen aber auch, dass die Frage nach dem Bestehen einer Vorfinanzierungspflicht eben nur einzelfallbezogen und nicht pauschal beantwortet werden kann.

Deshalb gilt auch hier: Sprechen Sie mit uns!

Voigt regelt!

Bildnachweis: Pixabay/niekverlaan

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