Am 21.02.2017 schrieben wir unter dem Titel “Muss ein Geschädigter das Restwertangebot der Versicherung abwarten?” folgendes: „Angesichts der gefestigten und eindeutigen Rechtsprechung zum Thema Restwertbörse, die vor nicht allzu langer Zeit erneut durch das Urteil des BGH vom 27.09.2016 (Az. VI ZR 673/15) bestätigt wurde, sollte eigentlich alles klar sein.
Die Rechtsprechung ist unmissverständlich!
Der Geschädigte leistet dem Gebot der Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung durch § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er die Veräußerung seines beschädigten Kraftfahrzeuges zu demjenigen Preis vornimmt, den ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger in einem Gutachten, das eine korrekte Wertermittlung erkennen lässt, als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat. (BGH v. 01.06.2010, Az. VI ZR 316/09).“
Wenn man von den Sonderregeln für gewerbliche Geschädigte (BGH, Urt. V. 25.06.2019, Az. VI ZR 358/18) absieht, dann hat sich an diesem Grundsatz bis heute auch nichts geändert. Nichts geändert hat sich allerdings auch daran, dass Versicherer immer wieder versuchen die Dispositionsbefugnis des Geschädigten dadurch zu unterlaufen, dass sie diesen anschreiben und ihn darum bitten, mit der Veräußerung zu warten, da der Versicherer möglicherweise ein besseres Angebot vorlegen kann.
Versicherer zwingen Geschädigte vor Gericht!
All dies hält die Versicherer jedoch nicht davon ab, die geschuldete Ersatzleistung zu kürzen und zu behaupten, Geschädigte seien verpflichtet auf ein – vermeintlich – besseres das Angebot des Versicherers zu warten. Wie sehr sie dabei auf dem Holzweg sind, hat kürzlich auch das AG Oldenburg (Oldb.), Urt. V. 07.04.2022, Az. 1 C 1265/21 bestätigt. Es bleibt also dabei: Lediglich allgemein gehaltene Hinweise in Formschreiben, denen zufolge die hypothetische Möglichkeit bestehe, dass der ersatzpflichtige Versicherer ein günstigeres Kaufangebot unterbreiten könne, lösen keine Obliegenheit des Geschädigten aus, die Verwertung des Fahrzeugs auf die lange Bank zu schieben. Vielmehr räumt § 249 Abs. 2 BGB dem Geschädigten die Möglichkeit ein, die Behebung seines Schadens in „die eigenen Hände zu nehmen und in eigener Regie durchzuführen Diese Dispositionsbefugnis würde unterlaufen, wenn der Geschädigte verpflichtet wäre, von der sich ihm darbietenden Verwertungsmöglichkeit abzusehen und zunächst einen Alternativvorschlag des Schädigers abzuwarten “.
Fazit
Auch wenn – oder gerade weil – Versicherer nach wie vor versuchen Geschädigte mit Formschreiben in die Enge zu treiben, sollten diese nicht klein beigeben. Wie auch das aktuelle Urteil zeigt, ist den Instanzgerichten sehr wohl bekannt, welche Grundsätze im Restwertverfahren gelten und wie Versicherer versuchen die Rechte der Unfallopfer zu verkürzen. Geschädigte sollten sich nicht einschüchtern lassen, sondern den geschuldeten Schadensersatz einfordern! Die Anwälte der Kanzlei Voigt unterstützen sie dabei!
Weiterführende Links
Restwertbörse
Allgemeiner Markt
Neues aus Coburg!
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BGH-Urteil: Restwert-Klartext aus Karlsruhe
Keine Wartepflicht vor Verkauf des Restwertes
Prüffrist des Versicherers für höheres Restwertangebot?
Geschädigter darf den Restwert seines Fahrzeugs auf dem regionalen Markt ermitteln!
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