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Gefährliche Dachlast!

Der Winter stellt erhöhte Anforderungen an Kraftfahrzeuge und deren Führer. Dass diese Anforderungen häufig unterschätzt werden, zeigen die sofort ansteigenden Unfallzahlen bei winterlichen Wetterlagen. Auch der aktuelle Kälteeinbruch hat wieder zu einem Anstieg der Verkehrsunfallzahlen geführt!
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05.12.2022
ca. 5 Minuten
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Sinken die Temperaturen, steigen die Anforderungen!

Der Winter stellt erhöhte Anforderungen an Kraftfahrzeuge und deren Führer. Dass diese Anforderungen häufig unterschätzt werden, zeigen die sofort ansteigenden Unfallzahlen bei winterlichen Wetterlagen. Auch der aktuelle Kälteeinbruch hat wieder zu vermehrten Unfällen geführt. 

Nach frostigen Nächten besteht Gefahr durch Eisplatten!

Neben den winterlichen Straßenverhältnissen gibt es bei Temperaturen um den Gefrierpunkt aber noch andere Gefahren, die insbesondere von LKWs ausgehen. Die Rede ist von Eisplatten, die sich auf den Dächern bzw. Planen der LKW-Auflieger durch gefrierende Nässe oder Schnee bilden und sich während der Fahrt ablösen und herunterfallen. Größere Eisplatten können für andere Verkehrsteilnehmer sogar lebensgefährlich werden, da sie aufgrund ihres Gewichts dazu geeignet sind Fahrzeugfrontscheiben zu durchschlagen. Aber auch durch herabfallende Eisplatten ausgelöste Ausweichmanöver sind gefährlich und können zu erheblichen Folgeunfällen führen.

Dass von LKW herabfallende Eisplatten keine Seltenheit, sondern eine ernst zu nehmende Gefahr sind, zeigen die wiederkehrenden, einschlägigen Meldungen verschiedener Polizeidienststellen!

POL-SO: Ense-Bittingen – Eisplatte

POL-VDMZ: Eisplatte von LKW beschädigt Frontscheibe

POL-PDNR: Kirchen- Eisplatte beschädigt Windschutzscheibe

POL-OE: Durch herabfallende Eisplatte vom LKW schwer verletzt

POL-EN: Hattingen- Durch herabfallende Eisplatte schwer verletzt

POL-PDMT: Schwerer Verkehrsunfall auf der Nistertalstraße durch verlorene Eisplatte

POL-GOE: Gefährliche Situation auf der Autobahn 7 bei Northeim

Im Winter steigen die Anforderungen an die Abfahrtskontrolle!

Kraftfahrzeugführer haben nach § 23 Abs. 1 StVO die Verpflichtung eine Abfahrtskontrolle vor Fahrtantritt durchzuführen. Insbesondere Berufskraftfahrer sollten sich des Umstands bewusst sein, dass ein Fahrzeug nur in Betrieb genommen und im öffentlichen Straßenverkehr geführt werden darf, wenn es sich in einem vorschriftsgemäßen Zustand befindet. Die Verkehrssicherheit darf weder durch die Ladung noch die Besetzung eines Fahrzeugs beeinträchtigt werden. Bei winterlichen Wetterverhältnissen muss bei der Abfahrtskontrolle daher zusätzlich auch darauf geachtet werden, dass von Fahrzeugdächern oder Aufliegern keine Gefahren ausgehen, die die Betriebssicherheit des Fahrzeugs gefährden. Eine solche Gefährdung kann aber gerade von den großflächigen Planendächern oder Dächern anderer LKW-Auflieger ausgehen, wenn sich dort große Schneemengen ansammeln oder größere Wassermengen zu Eisplatten gefrieren. Lösen sich diese nach Fahrtantritt und fallen in den Straßenraum, steht mindestens eine Ordnungswidrigkeit im Raum, die mit einer Regelgeldbuße von 80 Euro und einem Punkt belegt werden kann. Das OLG Bamberg führt dazu in den Leitsätzen seines Beschlusses vom 18.01.2011, Az. 3 Ss Owi 1696/10, folgendes aus:

1. Nach der über § 49 Abs. 1 Nr. 22 StVO bußgeldbewehrten Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 2
StVO
ist der Fahrzeugführer auch dafür verantwortlich, dass von dem Fahrzeug bei Einhaltung
sämtlicher Betriebs-, Bau- und Ausrüstungsvorschriften keine Gefahr deshalb ausgeht, weil die
konkrete Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeugs durch sonstige fahrzeugbezogene
Umstände erheblich beeinträchtigt ist

2. Von einer derartigen Beeinträchtigung ist auch auszugehen, wenn die Gefahrsteigerung darauf
beruht, dass das Fahrzeug, der Zug oder das Gespann geführt wird, obwohl sich auf dem Dach
oder der Dachplane des Fahrzeugs oder Anhängers witterungsbedingt größere Eisplatten oder
Eisstücke bilden konnten, die im Fall der Ablösung zu massiven Gefährdungen Dritter führen
können.

Je nach den verursachten Folgewirkungen kann es aber auch zu deutlich weitreichenderen und zwar strafrechtlichen Konsequenzen für den betroffenen Fahrzeugführer kommen.

Mangelnde Überprüfungsmöglichkeiten verhindern nicht die strafrechtliche Haftung!

Werden durch herabstürzenden Schnee oder Eisplatten Folgeunfälle ausgelöst drohen dem verantwortlichen Fahrzeugführer auch strafrechtliche Konsequenzen wegen fahrlässiger Körperverletzung oder sogar fahrlässiger Tötung. Entfernt er sich vom Unfallort ohne anzuhalten, kommt zusätzlich eine strafrechtliche Verantwortlichkeit wegen Unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Betracht. Besonders problematisch ist, dass den LKW-Fahrern in der Praxis häufig ausreichende Hilfsmittel zur Kontrolle und Räumung der Dachkonstruktionen ihrer Auflieger gar nicht zur Verfügung stehen. So sind spezielle Gerüste häufig nur auf Autohöfen und ganz vereinzelt auf den Höfen von großen Speditionen vorhanden. In Anbetracht der Vielzahl der auf der Straße befindlichen LKW-Fahrer, ist dies allerdings nicht ausreichend. Eine Auflistung findet sich hier (ohne Gewähr).

LKW Fahrer sollten – soweit vorhanden – öffentliche Räumstationen nutzen, um ihr Fahrzeug vor der Abfahrt von Schnee und Eis zu befreien – im Zweifelsfall (bei Planenaufbauten) mit Besen oder Latten. Wer eine Leiter benutzt sollte darauf achten, dass sie gegen Wegrutschen und Umkippen ausreichend gesichert ist. Ideal wäre natürlich die Unterstützung und Absicherung durch einen Kollegen oder eine andere Person. Zudem sollte die Leiter einem sicheren Winkel (ca. 65-76 Grad) angelehnt sein. Weitere Tipps sind dem Faltblatt der BG Verkehr (Downloadlink) zu entnehmen.

Wer hinter einem LKW fährt, sollte unbedingt einen ausreichenden Abstand einhalten. Zusätzlich kann der LKW-Fahrer per Lichthupe auf die Gefahr aufmerksam gemacht werden (vgl. § 16 Abs. 1 Ziff. 2 StVO).

Abgesehen davon gerät, wer auf den LKW klettert um diesen zu räumen, leicht mit den Vorschriften der Berufsgenossenschaft in Konflikt und ist nicht abgesichert, wenn er sich bei einer solch riskanten Aktion verletzt. Dies ändert aber nichts daran, dass eine unterblieben Abfahrtskontrolle und Räumung des Fahrzeugs von Schnee und Eis nicht vor einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit schützt, wenn es im Nachhinein zu einem erheblichen Unfall kommt.

Welche Versicherung zahlt im Schadensfall?

Für Unfallschäden die durch herabstürzenden Schnee oder Eisplatten verursacht werden haftet die Kfz-Haftpflichtversicherung des Verursacherfahrzeugs. Der Geschädigte muss im Zweifel aber die Schadensverursachung durch das betreffende Fahrzeug nachweisen. Soweit der Verursacher vor Ort nicht angehalten werden kann sollten zumindest Tatort, Tatzeit, das Kennzeichen des Verursacherfahrzeugs und Adressen etwaiger Zeugen dokumentiert und unverzüglich die Polizei eingeschaltet werden. Für den Fall, dass der Verursacher nicht dingfest gemacht werden kann, können Glasschäden über die eigene Teilkasko-Versicherung reguliert werden. Darüber hinausgehende Fahrzeugschäden werden nur von einer etwaig vorhandenen Vollkaskoversicherung abgedeckt.

Praxistipp:

Soweit möglich, sollten LKW Fahrer die Möglichkeit nutzen zur Räumung ihre Fahrzeugs öffentliche Räumstationen zu nutzen. Eine von der BG-Verkehr veröffentlichte Liste mit öffentlich zugänglichen Räumstationen findet sich hier (bei Abfrage von Benutzernamen und Passwort auf Abbrechen drücken um die Liste zu öffnen). Eine weitere Möglichkeit stellt je nach Art des Aufliegers der Einbau eines speziellen technischen Systems dar. So kann z.B. mittels eines Airbagsystems durch einen aufpumpbaren Luftschlauch, der in Längsrichtung unter der LKW-Plane verläuft, das Ansammeln von Wasser verhindert werden. Insoweit sind selbstverständlich die Spediteure als Halter gefragt. Dem BAG zufolge, soll die Erstattung von Mehrkosten für entsprechende Systeme auch künftig im Rahmen des das De-minimis-Förderungsprogramms möglich sein.

Sollte sich ein Unfall nicht vermeiden lassen, dann ist LKW-Fahrern wegen der drohenden strafrechtlichen Konsequenzen dringend zu empfehlen anwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen. Aber auch Unfallopfern wird zur Durchsetzung der berechtigten Schadensersatzansprüche die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe dringend empfohlen.

Auch hier gilt: Voigt regelt!

 

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