Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf spricht sich bei der Frage der Mietwagenkosten im Einzelfall für Fraunhofer aus, während das OLG Hamm zu einem Mix aus Fraunhofer und Schwacke (Fracke
) neigt. Und nun legt das OLG Frankfurt am Main mit einer Entscheidung vom 22.09.2016 nach und teilt mit, dass es den Schwacke Mietpreisspiegel bevorzugt. Damit erhalten wir so langsam, aber sicher, eine ziemlich uneinheitliche Mietwagenlandkarte, die aber ganz auf der Linie des Bundesgerichtshofs (BGH) liegt, denn dieser gestattet den Richtern im Grund genommen jede nachvollziehbare Schätzgrundlage (BGH, Urteil vom 18.05.2010, Az.: VI ZR 293/08; Urteil vom 18.12.2012, Az.: VI ZR 316/11).
Der Normaltarif kann also nach Auffassung des BGH grundsätzlich auf folgenden Grundlagen ermittelt werden:
Der BGH lässt den Richtern so lange freie Hand, so lange die Schadenschätzung nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt wird.
Das OLG Frankfurt am Main setzt sich in der am 22.09.2016 verkündeten Entscheidung, 1 U 231/14, intensiv auch mit den methodischen Schwächen der Schwacke-Liste auseinander, gibt ihr aber dennoch mit folgender Begründung den Vorzug:
Zum Schutz des Geschädigten ist die Orientierung an dem Schwacke Preisspiele auch deshalb sachgerecht, weil sonst der Geschädigte einseitig das Risiko einer unzulänglichen Entschädigung trögt. Der Beweis, zu welchem Preis in einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit ein bestimmtes Fahrzeug tatsächlich angemietet werden konnte, lässt sich im Nachhinein praktisch nicht führen. [..] Daraus folgt aber, dass ein Geschädigter, der auf die niedrigeren Preise gemäß der Fraunhofer-Liste verwiesen wird, praktisch keine Handhabe hat, den Nachweis eines höheren örtlichen Mietpreisniveaus zu führen.
Damit entscheidet das OLG deutlich zu Gunsten der Geschädigten, liefert die Rechtfertigung dafür aber gleich nach.
Die [ ]Haftpflichtversicherer sind aber typischerweise in der Lage, diesen Nachteil auszugleichen. Da den Haftpflichtversicherern [ ] ein Unfall regelmäßig zeitnah bekannt wird, können die Versicherer den Geschädigten auf einen ohne weiteres zugänglichen günstigeren Tarif hinweisen. Dass die Versicherer derartige Angebote nachweisen und dadurch einem späteren Streit über die Verfügbarkeit günstigerer Angebote die Grundlage entziehen können, ergibt sich aus dem Sachverhalt, der dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26.04.2016, Az. VI ZR 563/15, zugrunde liegt.
Der BGH hatte in der Entscheidung VI ZR 563/15 darauf hingewiesen, dass die Frage der Erforderlichkeit von Mietwagenkosten offen bleiben kann, wenn durch ein konkretes Angebot des Versicherers VOR Anmietung des Mietwagens bereits feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif in der konkreten Situation ohne weiteres
zugänglich gewesen wäre.
Der BGH lässt es dafür ausreichen, wenn der Versicherer dem Geschädigten VOR der Anmietung konkrete Angebote für anzumietende Mietwagen unterbreitet. Ignoriert der Geschädigte derartige Angebote verletzt er nach Auffassung des BGH seine Schadenminderungspflicht.
Nach Auffassung des OLG gilt also: Entweder der Versicherer ist schnell und unterbreitet ein konkretes, günstiges Mietwagenangebot, oder aber es gilt der Schwacke-Mietpreisspiegel.
Eine interessante und vor allen Dingen neue Argumentation des OLG Frankfurt am Main. Es bleibt abzuwarten, ob dieses Modell bei den anderen Gerichten Schule macht.
Weiterer Beitrag zu diesem Thema:
BGH, Urteil vom 26.04.2016, VI ZR 563/15: Mietwagen mal ohne Fraunhofer, Schwacke oder Fracke