Wer unter Bäumen parkt, bleibt zu keiner Jahreszeit verschont. Auch im Sommer droht Ungemach für den Fahrzeuglack – in Form von Honigtau. Wer seinen Wagen unter einem befallenen Gehölz abstellt, findet etwas später eine transparente, klebrige Zuckerlösung darauf vor; ein idealer Nährboden für Pilzsporen. In der prallen Sonne brennt sich das Pilz-Honigtau-Gemisch dann in den Lack ein.
Wer dem vorbeugen will, muss sein Fahrzeug rechtzeitig waschen. Am schnellsten und bequemsten ist da die Autowaschanlage. Doch nicht immer reicht dies aus, um den Belag vollständig zu entfernen. Kleine Reste können – und sollten – mit einem weichen, angefeuchteten Lappen eingeweicht und restlos entfernt werden. Doch auch die Nutzung der Waschanlage hat so ihre Tücken, wie drei aktuelle Urteile zeigen.
Wer haftet für Lackschäden in der Waschstraße?
Das Amtsgericht (AG) Dortmund hatte sich mit einem Fall zu befassen, bei dem eine abgerissene Antenne die nachfolgenden Fahrzeuge beschädigt hat. Ein PKW war in die Waschanlage gefahren, ohne zuvor die Antenne entsprechend den allgemeinen Anweisungen abzumontieren. Die Antenne verfing sich so in den Waschbürsten und riss ab. Die nachfolgenden Fahrzeuge wurden sodann durch diese abgebrochene Antenne beim Waschvorgang stark beschädigt.
Einer der Geschädigten wollte seinen Schaden ersetzt wissen und als es außergerichtlich zu keiner Einigung kam, zog er vor Gericht. Im Verfahren wurde deutlich, dass einer der Mitarbeiter der Waschanlage bemerkt hatte, dass der PKW seine Antenne nicht abmontiert hatte und wies den Fahrer darauf hin. Er versäumte jedoch zu überprüfen, ob die Antenne tatsächlich abmontiert wurde.
Das Gericht sah darin eine Pflichtwidrigkeit, die in der Haftung des Waschstraßeninhabers resultierte. Schließlich habe er den Betrieb nicht so organisiert, um eine Schädigung seiner Kunden auszuschließen, indem er den PKW mit der Antenne hat in die Waschstraße einfahren lassen. Damit sprach das AG Dortmund mit Urteil vom 29.05.2018 (Az.: 425 C 9258/17) dem Geschädigten Schadensersatz zu.
Wer haftet für einen Auffahrunfall in der Waschstraße?
Auch der Bundesgerichtshof (BGH) setzte sich mit der Waschstraßen-Problematik auseinander. Hier wurden Fahrzeuge mit den jeweils linken Rädern auf einem Schleppband durch die vollautomatisierte Waschanlage gezogen, während die rechten Räder frei rollen.
Ohne Veranlassung betätigte der Fahrer eines der Fahrzeuge die Bremse, so dass das Fahrzeug vom Schleppband geriet und stehen blieb. Der Geschädigte dahinter wurde mit seinem Wagen durch das Schleppband auf das Fahrzeug aufgeschoben, ebenso wie der nachfolgende PKW auf den geschädigten aufgeschoben wurde. Der Geschädigte wollte seinen Schaden ersetzt wissen und zog gegen den Waschanlagenbetreiber vor Gericht.
Das Amtsgericht (AG) Wuppertal gab dem Geschädigten Recht. Der Betreiber ging in Berufung – mit Erfolg: Das Landgericht (LG) Wuppertal hob das Urteil des Amtsgerichts auf und wies die Klage ab. Dagegen richtete sich dann die Revision des Geschädigten an den BGH.
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass es zu den Schutzpflichten des Waschanlagenbetreibers gehöre, die Kundenfahrzeuge vor Beschädigungen beim Waschvorgang zu schützen. Allerdings könne damit nicht jede Gefahr ausgeschlossen werden, vielmehr sei zu prüfen, was dem Betreiber zugemutet werden könne. Technisch und personell seien Maßnahmen weder üblich noch zumutbar oder verhältnismäßig.
Aber wenn die Kunden bei der Nutzung der Anlage – zwar selten, aber vorhersehbar – nicht die notwendigen Verhaltensregeln einhalten, muss der Betreiber in geeigneter Weise darauf hinwirken, dass kein Fehlverhalten vorkommt. Den Betreiber einer Waschanlage trifft deshalb die Pflicht, die Benutzer der Anlage in geeigneter und ihm zumutbarer Weise über die zu beachtenden Verhaltensregeln zu informieren.
Ob dies erfolgt ist, hatte das Landgericht nicht aufgeklärt, so dass der BGH mit Urteil vom 19.07.2018 (Az.: VII ZR 251/17) die Entscheidung des Landgerichts aufhob und zur erneuten Entscheidung zurückverwies.
Was passiert, wenn ich die Waschanlage beschädige?
Das Urteil des OLG Oldenburg vom 04.09.2018 (Az.: 1 Ss 83/18) setzte sich mit einer etwas anderen Frage auseinander. Die Nutzerin war von der falschen Seite – mit der Aufschrift Ausfahrt
– in die Waschanlage eingefahren und dabei stark gegen das Portal gestoßen, so dass dieses wackelte. Beim Zurücksetzen aus der Waschanlage stieß sie zwei weitere Male gegen das Portal, wodurch die Bürsten teilweise abbrachen und ein Schlitten der Anlage verbogen wurde.
Von der Mitarbeiterin der Tankstelle, zu der die Waschanlage gehörte, darauf angesprochen, verneinte die Fahrerin etwas beschädigt zu haben und fuhr davon, ohne ihre Personalien zu hinterlassen. Im weiteren Nachgang wurde gegen die Fahrerin ein Verfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort eingeleitet. Das Amtsgericht Osnabrück verurteilte die Fahrerin daraufhin zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen und entzog ihr die Fahrerlaubnis, zog den Führerschein ein und verhängte eine Sperre von neun Monaten, in denen keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden konnte.
Dagegen wandte sich die Fahrerin an das OLG. Dieses jedoch bestätigte das Urteil des Amtsgerichts und führte aus: Steht – wie im vorliegenden Fall – die Benutzung der (
) Autowaschanlage jedermann frei, sofern er nur das Entgelt hierfür entrichtet, gehört der vom Kunden zu befahrende Bereich der Autowaschanlage zum Verkehrsgrund im Sinne der Straßenverkehrsrechts
. Damit lag ein Unfall im Straßenverkehr vor und die Regelung zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort war anwendbar.
Kanzlei Voigt Praxistipp
Sollte es zu einem Schaden in, an oder durch die Waschanlage kommen, wird die Haftung oftmals bestritten. In dem Fall ist eine gute Dokumentation der Umstände von großer Bedeutung für die weitere Regulierung. Bezüglich der rechtlichen Fragen zeigt bereits die Bandbreite der Entscheidungen auf, dass es keine pauschale Antwort gibt. Bestenfalls lassen Sie sich frühzeitig von einem erfahrenen Rechtsanwalt beraten. Das Team der ETL Kanzlei Voigt steht Ihnen gerne zur Seite.