Anfang März 2019 titelten viele Nachrichtenmagazine, wie die Süddeutsche
oder die Welt
, dass die Polizei an einer Unfallstelle insgesamt 23.000 an Bußgeldern verhängt hat, da keine Rettungsgasse gebildet wurde.
Nach einem schweren Unfall auf der BAB 5 bei Karlsruhe, wurde die Autobahn voll gesperrt. Hinter der Unfallstelle bildete sich ein langer Stau, der zeitweise mehr als 20 km lang war. Da Schaulustige auf der gegenüberliegenden Fahrbahn nicht nur die Arbeiten der Rettungskräfte beobachten, sondern mitunter auch fotografieren wollten, bildete sich dort ein 2 km langer Stau.
Diese dürften voraussichtlich einen Bußgeldbescheid wegen der Nutzung eines der elektronischen Geräts (§ 23 Abs. 1a StVO n.F.) erhalten oder bereits erhalten haben.
Die vor Ort anwesenden Polizeibeamten überwachten ca. 30 Minuten lang den Verkehr. Dabei wurden mehr als 100 Fahrzeuge festgestellt, deren Halter im Anschluss vermutlich einen Anhörungsbogen bzw. einen Bußgeldbescheid erhielten. Bei der Überwachung dürfte die Polizei auch die Videotechnik genutzt haben. Persönlich überprüft haben wird man die Fahrzeuge nicht.
Für Verstöße gegen die Pflicht zur Bildung einer Rettungsgasse besteht in Deutschland lediglich eine Fahrer- und keine Halterhaftung. Die Folge ist, dass lediglich der Fahrer für eine Ordnungswidrigkeit bestraft werden kann. Ein Durchgriff auf den Halter ist – zumindest nach aktueller Gesetzeslage – nicht möglich und war sicher ein mit ein Grund für etwaige Videoaufzeichnungen durch die Polizeibeamten.
Die Bildung einer Rettungsgasse ist gesetzlich klar geregelt
Sobald Fahrzeuge auf Autobahnen sowie auf Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für eine Richtung mit Schrittgeschwindigkeit fahren oder sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden, Fahrzeuge für die Durchfahrt von Polizei- und Hilfsfahrzeugen zwischen dem äußerst linken und dem unmittelbar rechts daneben liegenden Fahrstreifen für eine Richtung eine freie Gasse bilden müssen (§ 11 Straßenverkehrsordnung).
ETL Kanzlei-Voigt-Rechtstipp
1. Bilden Sie in jedem Fall so früh wie möglich eine Rettungsgasse. Wenn Sie sich unsicher sind, halten Sie einfach die rechte Hand nach oben und spreizen den Daumen ab. Der Daumen – äußerst links – entspricht der äußerst linken Fahrspur. Alle anderen Finger sind rechts. Wenn Sie sich mit Ihrem Fahrzeug auf der linken Fahrspur befinden, fahren Sie mit dem Fahrzeug nach ganz links. Sollten Sie rechts befinden, fahren Sie äußerst rechts. Schon wenige Sekunden können ein Leben retten.
2. Sollten Sie einen Anhörungsbogen oder eine Bußgeldbescheid bekommen haben und nicht der Fahrer des Fahrzeuges gewesen sein, geben Sie die Unterlagen in die Hand Ihrer Verkehrsrechtsexperten der ETL Kanzlei Voigt.
Übrigens
Seit dem 09.11.2021 wird das Nichtbilden einer Rettungsgasse mit einer Geldbuße mit einem Betrag zwischen 200 – 320 Euro, zwei Punkten im Fahreignungsregister und einem Monat Fahrverbot geahndet. Bei einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer oder einer Sachbeschädigung erhöhen sich die Beträge auf 280 bzw. 320 Euro. Die Anzahl der Punkte sowie die Dauer des Fahrverbots bleiben gleich.
Wer eine Rettungsgasse unberechtigt zum schnelleren vorankommen missbraucht, muss mit mindesten 240 Euro, 2 Punkten und einem Monat Fahrverbot rechnen. Analog zum Nichtbilden einer Rettungsgasse, erhöht sich das Bußgeld bei einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer oder einer Sachbeschädigung auf 280 bzw. 320 Euro. Die Anzahl der Punkte sowie die Dauer des Fahrverbots bleiben auch hier gleich.
Ergänzende Links
Darf im Stau gewendet werden?
Darf man im Stau sein Auto verlassen?
Bildnachweis: Polizei Dortmund
Titelbild: Dr. Wolf-Henning Hammer