Dass der Versicherer eines Unfallverursachers den Schaden des Unfallopfers zu ersetzen hat, ist bekannt. Dass aber auch der Unfallverursacher einen Anspruch gegenüber dem Versicherer des Geschädigten haben kann, gerät immer wieder in Vergessenheit. Zudem ist es nicht unumstritten, wie das Urteil des OLG Münchens zeigt, mit dem es über den Ersatz des Rückstufungsschadens in der Vollkaskoversicherung zu entscheiden hatte.
Was war passiert?
Die Fahrzeuge der Parteien waren zusammengestoßen, als die spätere Beklagte mit ihrem Fahrzeug rückwärts aus einer Parklücke herausfahren wollte, während die spätere Klägerin mit ihrem Fahrzeug in geringem Abstand an den parkenden Fahrzeugen vorbei fuhr. Wie der gerichtliche Sachverständige feststellte, hätte die Beklagte das nahende Fahrzeug der Klägerin erkennen und den Unfall bei einem Schulterblick nach rechts vermeiden können. Hinsichtlich der Klägerin wurde festgestellt, dass sie das ausparkende Fahrzeug der Beklagten übersah, weil sie den Verkehrsraum rechts vor ihr nicht beachtet hatte. Am Ende kam das Gericht zu einer Haftungsverteilung von 30% zu 70% zu Lasten der Beklagten.
Wie berechnet sich der Schadensersatz?
Den Grundsätzen des Schadenersatzrechts zufolge, ist nicht nur die beschädigte Sache wieder instand zu setzen. Im Sinne eine wirtschaftlichen Betrachtungsweise, ist vielmehr ist der Zustand wieder herzustellen, der vor Eintritt des schädigenden Ereignisses bestand (§ 249 BGB).Ob ein Schaden repariert oder fiktiv abgerechnet wird, spielt grundsätzlich keine Rolle. Dasselbe gilt, wenn der Geschädigte das Fahrzeug unrepariert weiter nutzt oder durch ein anderes ersetzt. Die Ansprüche des Geschädigten stoßen dort an ihre Grenzen, wo die Grundsätze des Wirtschaftlichkeitsgebots oder ein etwaiges eigenes Mitverschulden greifen.
Warum ist der Rückstufungsschaden in der Vollkaskoversicherung zu ersetzen?
Wenn die Prämie der Vollkaskoversicherung nach einem mitverschuldeten Schaden angehoben wird, ist die Differenz der Prämie – in Relation zu dem nicht verschuldeten Teil – als Schaden zu ersetzen. Die Rechtsprechung spricht hier von einem sogenannten Vermögensfolgeschaden. Der Umfang des Schadenersatzes muss – unter Berücksichtigung des Mitverschuldens – die Differenz zu dem ursprünglichen Rabattstatus ausgleichen.
Für die Haftpflichtversicherung gilt dies nicht. Hier ist der höherstufungsbedingte Schaden selber zu tragen. Dies beruht darauf, dass die Höherstufung hier nicht auf die Beschädigung des eigenen Fahrzeugs durch einen fremden PKW, sondern darauf zurückzuführen ist, dass der eigene PKW einen anderen beschädigt hat. Die Höhe des Schadens ist für die Höherstufung ohne Bedeutung. Ein etwaiges Mitverschulden des Unfallgegners spielt daher keine Rolle.
Kanzlei Voigt Praxistipp
Grundsätzlich sollten Sie bei jedem Unfall, bei dem Sie selber geschädigt wurden oder bei dem die Verschuldenslage nicht eindeutig geklärt ist, einen Anwalt einschalten. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Verschuldenslage eindeutig sein und Sie ein Mitverschulden treffen sollte, Ihr Fahrzeug vollkaskoversichert ist und Sie einen Selbstbehalt tragen müssen. Die Abrechnung nach dem sogenannten Quotenvorrecht kann hier dazu beitragen, den eigenen Schaden auf ein Minimum zu reduzieren. Eine detaillierte Darstellung des Quotenvorrechts würde hier allerdings den Rahmen sprengen und soll dem persönlichen Gespräch vorbehalten bleiben.
Die Anwälte der ETL-Kanzlei Voigt beraten Sie gerne!