Auch wenn die Temperaturen der letzten Tage eher an Sommer als an Herbst oder Winter erinnerten, kann der Kalender nicht darüber hinweg täuschen, dass die kühle Jahreszeit unmittelbar bevorsteht und vielerorts werden aktuell Reifen und Räder von Sommer- auf Winterausrüstung getauscht. Wenn das Profil der vorhandenen Reifen nicht mehr ausreicht oder aus anderen Gründen neue gekauft werden müssen, stellt sich die Frage Welche?
Das Angebot an Neu- und Lagerware sowie gebrauchten Reifen im Handel und von Privat ist groß. Allerdings sollte man – bevor sich ein vermeintliches Schnäppchen als Fehlkauf entpuppt – genau hinschauen. Schließlich handelt es sich bei einem Autoreifen um die einzige Verbindung zwischen Auto und Straße und damit um ein extrem sicherheitsrelevantes Bauteil. Wer hier spart könnte ein böses Erwachen erleben.
Neue Reifen sollten das Alpine-Symbol
tragen
Wer beim Kauf neuer Reifen auf Nummer sicher gehen will, sollte darauf achten, dass diese den Bestimmungen der zweiundfünfzigsten Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. Mai 2017 (BGBl I S. 1282) entsprechen. Dies ist der Fall, wenn sie das sogenannte Schneeflocke/Alpine-Symbol, das eine Schneeflocke innerhalb eines Bergpiktogramms zeigt, aufweisen.
Das M+S Symbol besitzt lediglich Hinweischarakter
Das Alpine-Symbol existiert zwar bereits seit mehreren Jahren, löst das M+S Zeichen verpflichtend aber erst ab dem 01.01.2018 ab. Dass Winterreifen, die ab diesem Tag hergestellt werden, nur noch dann als Winterreifen verkauft werden dürfen, wenn sie das Alpine Symbol tragen macht Sinn.
Die im Jahr 2010 eingeführte situative Winterreifenpflicht verpflichtete zwar zur Verwendung von den winterlichen Straßenverhältnissen angepasster Bereifung. Diese mussten allerdings nicht zwingend aus speziellen Winterreifen bestehen. Das Vorhandensein des M+S Symbols war gemäß § 36 StVZO (alt) ausreichend. Allerdings ist die Kennzeichnung M+S
weder gesetzlich geschützt noch mit verbindlichen Aussagen zur Qualität verbunden. Theoretisch hätte selbst ein – für winterliche Straßenverhältnisse mit Schnee und Matsch völlig ungeeigneter – Sommerreifen diese Kennzeichnung tragen können.
Das Alpine-Symbol
darf hingegen nur verwendet werden, wenn der Reifen den Anforderungen der UNECE-Regelung (Ziffer 2.11 der Regelung Nr. 117 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UN/ECE), Amtsblatt der Europäischen Union v. 23.11.2011, L 307/3) entspricht.
Diese definiert einen Winterreifen als einen Reifen, durch dessen Laufflächenprofil, Laufflächenmischung oder Bauart vor allem die Fahreigenschaften bei Schnee gegenüber einem normalen Reifen hinsichtlich seiner Eigenschaft beim Anfahren, bei der Stabilisierung der Fahrzeugbewegung und beim Abbremsen des Fahrzeugs verbessert werden.
Ob dies der Fall ist, muss in einem detailliert vorgeschriebenen Prüfverfahren mit winterlichen Witterungsbedingungen und Bremstest nachgewiesen werden. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass das Alpine-Symbol
nicht nur auf Winter-, sondern auch auf Ganzjahresreifen namhafter Hersteller zu finden ist.
Für vor dem 31.12.2017 produzierte M+S gilt eine Übergangsfrist
Für diejenigen, die sich gerade neue M+S Reifen gekauft hat oder über gute gebrauchte Reifen verfügen, besteht kein Grund zur Verunsicherung. Die mit M+S
gekennzeichneten Winterreifen können bis zum 30.09.2024 genutzt werden.
Das Bußgeld wird erhöht
Wer künftig bei winterlichen Straßenverhältnissen ohne die angemessene Bereifung unterwegs ist, riskiert ein Bußgeld von 60 bzw. 80 Euro und einen Punkt im Verkehrszentralregister. Die Höhe des Bußgelds orientiert sich dabei daran, ob und in welchem Umfang die unpassende Bereifung zu einer Behinderung des Straßenverkehrs geführt hat. Punkte und Bußgeld treffen übrigens nicht nur den Fahrer, sondern auch den Fahrzeughalter. Maßgeblich hierfür ist, ob er die Fahrt zugelassen oder angeordnet hat.
Kanzlei Voigt Praxistipp
Reifen sollten – aus Sicherheits- und Gewährleistungsgründen- nicht privat und gebraucht über die einschlägigen Ge- und Verkaufsplattformen, sondern ausschließlich beim Fachhandel gekauft werden.
Einerseits lässt sich die sicherheitsrelevante Elastizität des Reifens (die sogenannte Shorehärte) nur mit speziellen Instrumenten messen, über die der Privatmann in der Regel nicht verfügt. Zudem ist beim Kauf im Fachhandel davon auszugehen, dass die Reifen geprüft wurden und weder Fremdkörper, Wulstanscheuerungen oder unsachgemäße Reparaturen vorhanden sind.
Die gesetzlich vorgeschriebene Mindestprofiltiefe beträgt 1,6 mm. Wird diese unterschritten, dann handelt der Fahrer bei Inbetriebnahme des Fahrzeugs ordnungswidrig. Zur eigenen Sicherheit empfiehlt es sich sogar, die Fahrzeugbereifung deutlich vor Erreichen der gesetzlichen vorgeschriebenen Mindestprofiltiefe zu erneuern. Bei schwindender Profiltiefe wird die Performance der Bereifung immer schlechter. Das führt dazu, dass sich der Bremsweg gerade auf nassen Straßen deutlich verlängert. Auch die Aquaplaning-Gefahr nimmt zu. Insbesondere verlieren Winterreifen den auf einer Schneedecke benötigten Grip
. Daher sollte schon zur eigenen Sicherheit eine Mindestprofiltiefe von 3 mm bei Sommerreifen und eine Mindestprofiltiefe von 4 mm bei Winterreifen nicht unterschritten werden.
Bei einem Unfall, egal ob mit Sommer- oder Winterreifen, sollte in jedem Fall ein Anwalt konsultiert werden. Denn ob der entschädigungspflichtige Versicherer dazu berechtigt ist die Leistung ganz oder teilweise zu verweigern, hängt nicht ausschließlich von der Bereifung sondern von der Gesamtschau der Umstände ab. Die Anwälte der ETL Kanzlei Voigt verfügen hier über vertiefte Erfahrung und kämpfen wir für die Durchsetzung Ihrer Ansprüche und Rechte!