Aufnahmen von On-Board-Cameras oder sogenannten Dash-Cams können bei der Aufklärung von Unfallhergängen eine entscheidende Rolle zukommen.
Aufnahmen von On-Board-Kameras oder sogenannten Dash-Cams können bei der Aufklärung von Unfallhergängen eine entscheidende Rolle spielen.
Dies gilt sowohl für “normale” Unfälle als auch insbesondere für provozierte Unfälle, bei denen der eigentliche Unfallverursacher durch sein Fahrverhalten nicht nur die Tatbestände der Nötigung und des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr erfüllt, sondern auch einen Auffahrunfall zumindest billigend in Kauf genommen hat (vgl. Landgericht Bochum, Urt. v. 14.01.2021, Az. I-8 O 428/19).
Für den Fall, dass sich ein vermeintlicher Unfallverursacher durch die Einführung von Dash-Cam-Aufnahmen in den Prozess entlasten will, ist dies für den tatsächlich Schuldigen natürlich nicht von Vorteil.
Die Inaugenscheinnahme der Videoaufzeichnung in Verbindung mit einer Zeugenaussage hat in einer Vielzahl von Fällen dazu geführt, dass der gegen den Auffahrenden sprechende Anscheinsbeweis entkräftet wurde.
Da die Auffahrenden aber kein Interesse an der Aufklärung des tatsächlichen Sachverhalts haben, greifen sie dann gerne auf das Datenschutzrecht zurück.
Auf den ersten Blick mag dies auch als eine geeignete Strategie erscheinen. Bei näherer Betrachtung führt der Gedanke jedoch ins Leere, auch wenn die Verwertung von Dash-Cam-Aufnahmen in einem Prozess tatsächlich nicht unproblematisch ist.
Daten- und Persönlichkeitsschutz seien aber nicht so weitreichend, dass sie zur Verdeckung von Straftaten herangezogen werden könnten. Die Verwertbarkeit der Aufnahmen hing – auch schon vor Inkrafttreten des neuen Bundesdatenschutzgesetzes und der Datenschutz-Grundverordnung – von den schutzwürdigen Interessen der Beteiligten und dem Ergebnis einer Abwägung ab (z.B. Landgericht Frankenthal, Urteil vom 30.12.2015, Az. 4 O 358/15 m.w.N.).
Bei der Abwägung sind das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das Recht am eigenen Bild nach § 22 Satz 1 KunstUrhG sowie datenschutzrechtliche Normen zu berücksichtigen. Allerdings können Datenschutz- oder Persönlichkeitsrechte Dritter im Rahmen des Straf- und Bußgeldrechts eine Rolle spielen. Bei der Interessenabwägung über die Verwertbarkeit von Videoaufzeichnungen im durch das Parteiverhältnis geprägten Zivilprozess spielen sie jedoch keine Rolle. Dies hat das Oberlandesgericht Nürnberg – noch zum alten Datenschutzrecht – Recht mit guten Gründen bestätigt (Beschluss vom 10.08.2017, Az. 13 U 851/17).
Die nach Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung bestehenden Unsicherheiten konnten inzwischen beseitigt werden. Dash-Cam-Aufnahmen werden mittlerweile einhellig als Beweismittel im Prozess für geeignet erachtet und können verwertet werden.
Das Landgericht Saarbrücken hat dies in einem Urteil vom 13.06.2024, Az. 13 S 85/23, wie folgt zusammengefasst:
“Eine Verwertung von Aufzeichnungen einer von einem Unfallbeteiligten installierten Dash-Cam ist grundsätzlich zulässig, auch wenn die jeweilige Aufzeichnung nicht den datenschutzrechtlichen Anforderungen entspricht.”
Die Anordnung erfolgt gemäß § 144 ZPO von Amts wegen. Im Rahmen einer Güterabwägung sind insbesondere das Interesse des Geschädigten an einer Sachverhaltsaufklärung sowie ggf. höher zu gewichtende Persönlichkeitsrechte der Parteien zu berücksichtigen. Letztere stehen in der Regel nicht entgegen, wenn eine Partei die Aufnahme als Beweismittel anbietet und die andere Partei beantragt, ihr die Aufzeichnung zur Verfügung zu stellen.“
Fazit
Die Rechtsprechung zur Verwertbarkeit von Dash-Cam-Aufzeichnungen im Prozess kann mittlerweile als gefestigt bezeichnet werden. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Prozess sorgfältig vorbereitet und geführt werden muss.
Sollten Sie daher in einen Schadenfall verwickelt worden sein – mit oder ohne Dash-Cam – kontaktieren Sie uns.
Bildnachweis: JAI / Pexels