Urteil vom 10. April 2024 – VIII ZR 161/23
Der Kläger erwarb im März 2021 im Rahmen eines Privatverkaufs von dem Beklagten zu einem Kaufpreis von 25.000 € eines erstmals im Juli 1981 zugelassenen Fahrzeugs mit einer Laufleistung von rund 150.000 km.
In der Verkaufsanzeige des Beklagten auf einer Onlineplattform hieß es unter anderem: “Klimaanlage funktioniert einwandfrei. Der Verkauf erfolgt unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung”.
Im Mai 2021 beanstandete der Kläger, dass die Klimaanlage defekt sei. Nachdem der Beklagte etwaige Ansprüche des Klägers zurückgewiesen hatte, ließ dieser die Klimaanlage – im Wesentlichen durch eine Erneuerung des Klimakompressors – instandsetzen. Mit der Klage verlangt er von dem Beklagten den Ersatz von Reparaturkosten in Höhe von rund 1.750 €.
Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts (LG Limburg a. d. Lahn, Urt. v. 30.06.2023, Az. 3 S 124/22) stehe dem geltend gemachten Schadensersatzanspruch der zwischen den Parteien vereinbarte Gewährleistungsausschluss entgegen. Dieser erstrecke sich auch auf einen etwaigen Mangel an der Klimaanlage.
Zwar sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 29. November 2006 – VIII ZR 92/06) eine gleichzeitige Vereinbarung einer bestimmten Beschaffenheit der Kaufsache einerseits und eines umfassenden Ausschlusses der Gewährleistung andererseits regelmäßig dahin auszulegen, dass der Gewährleistungsausschluss nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit gelten solle.
Jedoch müsse bei einem rund 40 Jahre alten Fahrzeug auch im Falle einer – hier hinsichtlich der Klimaanlage getroffenen – Beschaffenheitsvereinbarung angesichts der unvermeidlichen und teils gebrauchsunabhängigen Alterung einzelner Bauteile selbst dann, wenn es sich um einen hochwertigen und gepflegten Pkw handele, stets mit dem Auftreten von Instandsetzungsbedarf gerechnet werden. Demgemäß habe der Kläger in Anbetracht des Gewährleistungsausschlusses nicht erwarten dürfen, dass die schon lange Zeit über ihre technische Lebensdauer hinaus betriebene Klimaanlage auch weiterhin funktionieren werde.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Beklagte sich gegenüber dem hier im Streit stehenden Schadensersatzanspruch des Klägers nicht mit Erfolg auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen kann.
Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ist in den Fällen einer (ausdrücklich oder stillschweigend) vereinbarten Beschaffenheit im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB aF (nunmehr § 434 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 1 BGB) ein daneben vereinbarter allgemeiner Haftungsausschluss für Sachmängel dahin auszulegen, dass er nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit, sondern nur für sonstige Mängel, nämlich solche im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB aF, gelten soll. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – das zwar rechtsfehlerfrei von einer hinsichtlich der einwandfreien Funktionsfähigkeit der Klimaanlage getroffenen Beschaffenheitsvereinbarung ausgegangen ist – kommt eine von diesem Grundsatz abweichende Auslegung des Gewährleistungsausschlusses nicht in Betracht.
Der Umstand, dass der Beklagte nicht erst im schriftlichen Kaufvertrag, sondern bereits in seiner Internetanzeige – unmittelbar im Anschluss an die Angabe “Klimaanlage funktioniert einwandfrei” – erklärt hat, dass der Verkauf “unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung” erfolge, erlaubt es nicht, den vereinbarten Gewährleistungsausschluss dahingehend zu verstehen, dass er sich auf die getroffene Beschaffenheitsvereinbarung über die (einwandfreie) Funktionsfähigkeit der Klimaanlage erstreckt. Denn gerade das – aus Sicht eines verständigen Käufers – gleichrangige Nebeneinanderstehen einer Beschaffenheitsvereinbarung einerseits und eines Ausschlusses der Sachmängelhaftung andererseits gebietet es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, den Gewährleistungsausschluss als beschränkt auf etwaige, hier nicht in Rede stehende Sachmängel nach § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB aF aufzufassen, da die Beschaffenheitsvereinbarung für den Käufer andernfalls – außer im (hier nicht gegebenen) Fall der Arglist des Verkäufers (§ 444 Alt. 1 BGB) – ohne Sinn und Wert wäre.
Insbesondere aber rechtfertigen in einem Fall, in dem – wie hier – die Funktionsfähigkeit eines bestimmten Fahrzeugbauteils den Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung bildet, weder das (hohe) Alter des Fahrzeugs beziehungsweise des betreffenden Bauteils, noch der Umstand, dass dieses Bauteil typischerweise dem Verschleiß unterliegt, die Annahme, dass ein zugleich vereinbarter allgemeiner Gewährleistungsausschluss auch für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit gelten soll.
Diese Umstände (Alter des Fahrzeugs, Verschleißanfälligkeit eines Bauteils) können zwar für die übliche Beschaffenheit eines Gebrauchtwagens von Bedeutung sein. Sie spielen jedoch weder für die Frage einer konkret vereinbarten Beschaffenheit noch für die hier maßgebliche Frage eine Rolle, welche Reichweite ein allgemeiner Gewährleistungsausschluss im Fall einer vereinbarten Beschaffenheit hat.
Vielmehr findet der Grundsatz, dass ein vertraglich vereinbarter allgemeiner Gewährleistungsausschluss die Haftung des Verkäufers für einen auf dem Fehlen einer vereinbarten Beschaffenheit beruhenden Sachmangel unberührt lässt, auch dann uneingeschränkt Anwendung, wenn der Verkäufer die Funktionsfähigkeit eines Verschleißteils eines Gebrauchtwagens zugesagt hat.
Nach alledem hat der Senat das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückverwiesen.
Quelle: Pressestelle Bundesgerichtshof
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