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BGH verhandelt zu Wertminderung und Umsatzsteuer bei Vorsteuerabzugsberechtigten

BGH, Az. VI ZR 205/23, VI ZR 239/23 und VI ZR 243/23 v. 07.05.2024

Anfang der Woche hat der BGH in drei Verfahren das Thema Wertminderung und Umsatzsteuer bei zum Vorsteuerabzug berechtigten Geschädigten verhandelt.
Informationen
09.05.2024
ca. 3 Minuten

Zum Hintergrund

Die Wertminderung an sich ist zwar steuerneutral. Wenn der zum Vorsteuerabzug Berechtigte aber später das Fahrzeug verkauft dann macht sich die Steuer möglicherweise halt doch bemerkbar. Daher ziehen einige Versicherer ja seit einiger Zeit einen fiktiven Umsatzsteueranteil von 19 % aus der Wertminderung ab.

Beispiel mit Zahlen

1.            Der Unternehmer A verkauft sein unbeschädigtes Fahrzeug für 20.000 Euro. Dann muss er von diesem Verkaufserlös 20.000,00 Euro an das Finanzamt 19 % Umsatzsteuer in Höhe von 3.193,27 Euro abführen. Ihm verbleibt also tatsächlich ein Verkaufserlös von 16.806,72 Euro.

2.            In der Abwandlung hatte das Fahrzeug einen reparierten Unfallschaden. Aufgrund des Unfallschadens kalkuliert der Gutachter eine Wertminderung in Höhe von 1.000 Euro. Nach der Logik der Wertminderung kann er das Fahrzeug jetzt nicht mehr für 20.000 Euro, sondern nur noch für 19.000 Euro verkaufen. Von den 19.000 Euro muss er ebenfalls 19 % an das Finanzamt abführen (= 3.033,61 Euro) und ihm verbleibt 15.966,38 Euro als Verkaufserlös.

3.            Die Vermögensbilanz beider Verkäufe zeigt einen Mindererlös beim Verkauf des beschädigten Fahrzeugs in Höhe von 840,34  Euro.

4.            Vom Versicherer als Wertminderung erhalten hat der Unternehmer aber 1.000,00 Euro. In der Summe hat er für das beschädigte Fahrzeugs also 16.966,38 Euro erhalten.

5.            In einer Vermögensbilanz hat er also beim Verkauf des beschädigten Fahrzeugs 159,66 Euro mehr erhalten als beim Verkauf des unbeschädigten Fahrzeugs (16.966,38 Euro minus 16.806,72 Euro)

6.            Er ist jetzt also um 159,66 Euro bereichert.

7.            159,66 Euro entspricht exakt 19 % der eigentlich in der steuerneutralen Wertminderung enthaltenen Umsatzsteuer von 1.000 Euro.

Bei einer Betrachtung auf Basis einer reinen Vermögensbilanz kann man also durchaus zu dem Ergebnis kommen, dass die Versicherer mit dem Abzug der Umsatzsteuer auf die Wertminderung recht haben. Trotzdem herrschte dazu lange Streit. Heute wurde dieser Sachverhalt verhandelt.

Vorläufige Einschätzung des BGH

Wichtig zu wissen: Die Fälle wurden nur verhandelt, sie wurden noch nicht entschieden! Oftmals finden die vorläufigen Einschätzungen des Senats aber später auch den Weg in die Entscheidungen. Die vorläufige Einschätzung ist daher durchaus relevant!

Der BGH sagt heute, es komme entscheidend darauf an, ob die Wertminderung anhand des BRUTTO-Wiederbeschaffungswertes ermittelt wurde oder anhand des NETTO-Wiederbeschaffungswertes.

Wurde die Wertminderung anhand des BRUTTO-Wiederbeschaffungswertes ermittelt dann muss aus der Wertminderung ein fiktiver Umsatzsteueranteil von 19 % herausgerechnet und braucht nicht erstattet zu werden. Anderenfalls führe das nämlich zu einer Bereicherung des zum Vorsteuerabzug berechtigten Geschädigten.

Wurde die Wertminderung stattdessen anhand des NETTO-Wiederbeschaffungswertes ermittelt dann erfolgt kein Abzug.

Im zu entscheidenden Fall konnte nicht geklärt werden, auf welcher Basis die Wertminderung kalkuliert wurde. Der Fall wird daher vermutlich an das Berufungsgericht zur weiteren Sachaufklärung zurückverwiesen werden.

Bedeutung für die Praxis

Sofern Sie Gutachter sind oder aber in einer Werkstatt arbeiten, in der auch Fahrzeuge von Vorsteuerabzugsberechtigten instandgesetzt werden, ist diese Frage absolut erheblich.

Gerade bei Leasingfahrzeugen ist es nämlich absolut von Bedeutung, ob die Wertminderung vom Versicherer brutto oder netto erstattet wird und welche Beträge der Leasinggeber seinerseits aus dem Vertrag fordert.

Es wird ab sofort also darauf ankommen, dass die Gutachter bereits im Gutachten klarstellen, auf welcher Basis die Wertminderung ermittelt wurde.

Die in Gutachten häufig gelesene Formulierung:

“Alle genannten Beträge verstehen sich ink. 19 % Umsatzsteuer, soweit sich aus den nachführenden Ausführungen nichts anderes ergibt”, wurde durch das AG Düsseldorf mit Urteil vom 05.08.2019, 39 C 107/09 bereits so interpretiert, dass die Wertminderung anhand des Brutto-Wiederbeschaffungswertes ermittelt wurde.

Sobald es in dieser Frage weitere Entwicklungen, insbesondere Entscheidungen gibt, halten wir Sie selbstverständlich wie gewohnt auf dem Laufenden.

Sollten Sie im Vorfeld Fragen zu dem Thema haben wenden Sie sich an uns!

Voigt regelt!

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