Ein Unfallschaden kann teuer werden. Indes kam ein Vorschaden einen Fahrzeughalter teuer zu stehen. In seinem Urteil vom 07.03.2017 (Az. I-1 U 31/16) ließ das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf letzten Endes dahinstehen, ob eine Unfallmanipulation vorlag. Vielmehr stolperte der klagende Halter an der Frage, ob überhaupt ein Fahrzeugschaden entstand.
Was war passiert?
Ende September 2013 fuhr kurz vor Mitternacht ein VW Golf auf einen Mercedes CLK 320 auf. Der Halter des Mercedes holte ein Sachverständigengutachten ein, meldete den Vorfall dem Versicherer des Golf und forderte von dem Versicherer Reparaturkosten von fast 6.000,00 Euro. Als der Versicherer die Zahlung verweigerte, zog der Fahrzeughalter vor Gericht. Das Landgericht Kleve wies seine Klage ab und so ging er vor das OLG Düsseldorf in Berufung.
Die Entscheidung des Gerichts
Vor dem OLG bemühte sich der Kläger alle einzelnen Verdachtsmomente, die das Landgericht zu der Erwägung einer Unfallmanipulation bewegt hatten zu zerpflücken, indem er jedes für sich genommen harmlos erscheinen ließ: die Beschädigung eines hochwertigeren Fahrzeuges durch ein weniger wertiges, das sofortige Schuldeingeständnis, die Abwesenheit von Zeugen, die fiktive Abrechnung nach Gutachten und die günstige Instandsetzungsmöglichkeit bei einem Bekannten.
Das Gericht konnte er damit nicht beeindrucken. Viel interessanter war doch die Tatsache – die der Fahrzeughalter dem von ihm beauftragen Sachverständigen so vorenthalten hatte – dass das Fahrzeug bereits im Mai 2005 einen Schaden von fast 10.000,00 Euro und im Juni 2012 einen Heckschaden mit Reparaturkosten von ca. 1.600,00 Euro erlitten hatte. Für beide Schäden konnte der klagende Fahrzeughalter keinen Reparaturnachweis erbringen.
Stattdessen konnte der beklagte Versicherer nachweisen, dass das Fahrzeug rundherum eine fast fünffache Lackschichtstärke aufwies als vom Hersteller maximal empfohlen. Dies sprach eindeutig für eine nicht fachmännische Nachlackierung. Es konnte nicht abschließend geklärt werden, ob nicht noch weitere Vorschäden bestanden.
Grundsätzlich besteht der Anspruch des Geschädigten darauf, dass der Zustand wiederhergestellt wird, der vor dem Schadensereignis bestand. Weil der Vorfall aus September 2013 eine Schadensüberlagerung mit dem Heckschaden aus Juni 2012 darstellt, musste sich das Gericht mit der Frage des Schadenshöhe auseinandersetzen. Es konnte nicht gemäß § 287 ZPO mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass die geltend gemachten Schäden bereits im Rahmen eines Vorschadens entstanden sind. Zudem konnte eine etwaige sach- und fachgerechte Reparatur nicht belegt werden. Es war nicht möglich auch nur einen Teilschaden zuverlässig zu ermitteln.
Der klagende Fahrzeughalter scheiterte auch vor dem OLG auf ganzer Linie. Nicht einmal die Gutachterkosten von ca. 900,00 Euro wurden ihm zugesprochen: Durch die fehlende Angabe von Vorschäden konnten keine zuverlässigen Werte ermittelt werden – das Gutachten war schlichtweg unbrauchbar und damit nicht erstattungsfähig.
Kanzlei Voigt Praxistipp
Insbesondere die die fiktive Abrechnung bei einem hohen Fahrzeugschaden führt häufig zu einer Meldung an das Hinweis- und Informationssystem (HIS-Datei). Damit die Schadensregulierung für künftige Schäden an dem Fahrzeug nicht gefährdet ist, empfiehlt sich ein Reparaturnachweis. Kann dieser bei einem späteren Schadensfall nicht geführt werden, kann der Versicherer die Leistung unter Umständen vollständig verweigern. Der Geschädigte bleibt dann auf seinem Schaden sitzen.
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