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Aktuelles zur Vorschadensproblematik

Bei Verkehrsunfällen werden Fahrzeuge immer wieder auch in Bereichen beschädigt, die bereits durch ein vorheriges Ereignis beschädigt worden waren, d.h. einen sogenannten Vorschaden aufweisen. Da ein Geschädigter aber gemäß § 249 Abs. 1 BGB einen Anspruch darauf hat, dass der Zustand wieder hergestellt wird, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre, hat er gegenüber dem Schädiger auch keinen Anspruch auf Beseitigung dieses Schadens.
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18.03.2022
ca. 3 Minuten

Geschädigte müssen daher darlegen und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nachweisen, „dass der geltend gemachte Schaden nach Art und Umfang insgesamt oder ein abgrenzbarer Teil hiervon auf das streitgegenständliche Unfallereignis zurückzuführen ist.“ 

Was war passiert?

Das Fahrzeug des Anspruchstellers war bei einem Unfall im Bereich der linken hinteren Seitenwand und der hinteren linken Tür beschädigt worden. Zuvor hatte es bereits einen bedeutenden Heck- einen kleineren Front- und anschließend einen weiteren Schaden im Bereich des hinteren linken Seitenteils erlitten. Die Instandsetzung war – bis auf den Frontschaden – durch Rechnungen nachweisbar. Eine Beule im Bereich des hinteren Radkastens war unrepariert geblieben.

Wo lag das Problem?

Das OLG Hamm musste sich mit dem Sachverhalt befassen, da das Landgericht Siegen die Klage des Unfallgeschädigten abgewiesen hatte. Begründet hatte das Landgericht die Abweisung damit, „der Geschädigte habe den Umfang möglicherweise deckungsgleicher Vorschäden am linken Seitenteil nicht dargelegt und insbesondere nichts zu deren fachgerechter Reparatur vorgetragen, so dass der ihm durch den Unfall vom 01.11.2018 entstandene Schaden nicht ermittelt werden könne.“

Was war die Lösung?

Das OLG Hamm stimmte dem LG Siegen dahingehend zu, „dass  Geschädigte das Entstehen und den Umfang des Schadens im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG, darlegen und beweisen müssen. Sollte das Fahrzeug in einem vorgeschädigten Bereich erneut (= deckungsgleich) beschädigt worden und die Unfallursächlichkeit der geltend gemachten Schäden deshalb streitig sein, müsse der Geschädigte „darlegen und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nachweisen, dass der geltend gemachte Schaden nach Art und Umfang insgesamt oder ein abgrenzbarer Teil hiervon auf das streitgegenständliche Unfallereignis zurückzuführen ist.“  Kurzum: Greifbare Tatsachen muss der Geschädigte liefern!

Die Pflichten des Geschädigten sind klar definiert!

Das Urteil bestätigt die Auffassung, wonach ein Geschädigter „darlegen und ggf. nachweisen, welche eingrenzbaren Vorschäden an dem Fahrzeug vorhanden waren und durch welche konkreten Reparaturmaßnahmen diese zeitlich vor dem streitgegenständlichen Unfall fachgerecht beseitigt worden sind. Wo ein Geschädigter nicht umfassend Auskunft zu Vorschäden und der Art deren Reparatur vor seiner Besitzzeit erteilen kann, ist er auf die Angaben des Voreigentümers angewiesen und kann nur darauf abstellen. Im Idealfall verfügt der letzte Voreigentümer über eine lückenlose Fahrzeughistorie, die über alle das Fahrzeug betreffenden wesentlichen Vorgänge, wie Gewährleistungen, Wartungen, Beanstandungen und Reparaturen Auskunft gibt, sofern diese Arbeiten bei einem Vertragshändler durchgeführt worden sind, die er dem Erwerber zur Verfügung stellt.“ Wo ein Geschädigter die fachgerechte Reparatur eines Vorschadens nur vermuten kann, kann er diese behaupten und unter Zeugenbeweis stellen.

Fazit

Vorhandene und bekannte Vorschäden sind vollständig anzugeben. Diese Pflicht ist allerdings nicht grenzenlos, sondern bezieht sich nur auf solche Tatsachen, die dem Geschädigten auch bekannt sind. Bei Vorschäden die vor seiner Besitzzeit entstanden sind, ist der Geschädigte auf die Angaben des Vorbesitzers angewiesen. Sind ihm diese nicht bekannt, zieht ihr Verschweigen weder einen Verlust des Schadensersatzanspruchs noch einen Betrugsvorwurf nach sich. Ein solcher kann dem Geschädigten nur gemacht werden, wenn er den Vorschaden – trotz positiver Kenntnis darum – verschweigt und der sich oder einem Dritten durch Täuschung über Tatsachen einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu Lasten des Schädigers zu verschaffen versucht. Allerdings kann in derartigen Fällen ein Beweisproblem für den Geschädigten entstehen, insbesondere wenn der Vorbesitzer Vorschäden verschwiegen hat.
Der Fall zeigt erneut, dass und mit welchen Tricks Versicherer sich ihrer Leistungspflicht zu entziehen versuchen. Damit Geschädigte zu ihrem Recht kommen und den zustehenden Schadensersatz auch erhalten, sollte unbedingt ein Anwalt eingeschaltet werden. Schließlich haben sowohl das OLG Frankfurt (Urt. v. 02.12.2014, Az. 22 U 171/13) als auch das AG München (Urt. v. 31.05.2021, Az. 343 C 110/21) festgestellt, dass die Einschaltung eines Rechtsanwalts auch bei einfachen Verkehrsunfallsachen von vornherein als erforderlich anzusehen ist.

Sprechen Sie mit uns! Voigt regelt!
 

Themenbezogene Links
Urteil des OLG Hamm v. 25.01.2022, Az. 9 U 46/21
 

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