Ein Autofahrer war mit dem Wagen seines Vaters auf einer Landstraße unterwegs. Hinter einer Rechtskurve kollidierte er mit einem Baum, der zuvor quer auf die Fahrbahn gefallen war. Der Vater und Halter des Wagens wollte den entstandenen Schaden in Höhe von 4.578,08 Euro vom Land Nordrhein-Westfalen ersetzt wissen. Seiner Auffassung nach hatte dieses seine Verkehrssicherungspflicht nicht hinreichend erfüllt. Dass der Baum krank gewesen sei, hätten die Baumkontrolleure bei den regelmäßigen Kontrollen erkennen müssen. Ebenso sei ersichtlich gewesen, dass die Gefahr bestand, dass der Baum auf die Fahrbahn fällt.
Das Land führte an, dass die letzte Kontrolle im Januar 2020 erfolgt sei. Dabei habe es keine äußerlich erkennbaren Anzeichen gegeben, dass der Baum umfallen könne. Es lehnte den Ersatz des Schadens daher am. So blieb dem Halter nur eine Klage auf Schadensersatz.
Das angerufene LG Köln lehnte im Ergebnis in diesem Fall die Haftung des Landes ab. Grundsätzlich sei das Land in der Verantwortung, Landstraßen in einem Zustand zu halten, die eine gefahrlose Nutzung ermöglichen. Allerdings konnte das Land nachweisen, dass regelmäßig Kontrollen durchgeführt wurden.
Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht käme sodann dennoch in Frage, wenn konkrete Anzeichen für eine Gefahr durch den Baum bei der Kontrolle fahrlässig übersehen worden wären. Das wäre durch den Halter zu beweisen gewesen. Er hätte vorbringen müssen, was zu dem Umfallen des Baumes geführt hat und warum es hätte von den Kontrolleuren erkannt werden müssen. Dies ist jedoch unterblieben.
Das Land NRW führte das Umfallen auf Wurzelfäule zurück, die von außen gerade nicht erkennbar sei. Allerdings wurde der Baum zwischenzeitlich entsorgt. Daher konnte der vom Halter behauptete schlechte Zustand nicht mehr überprüft werden, ebenso die Erkennbarkeit für die Kontrolleure. Daher blieb dem Gericht keine andere Möglichkeit als die Klage abzuweisen.
Das Gericht hätte sicher anders entschieden, wenn entgegen einer bei einer Sichtkontrolle erkennbaren Fäulnisbildung am Fuße eines Stämmlings des Baums keine weiteren Maßnahmen getroffen worden wären, um dessen Standsicherheit zu überprüfen (OLG Hamm, Urt. v. 20.10.2020, Az. 11 U 34/20).
Die Wichtigkeit ordnungsgemäßer Kontrollen zeigt auch ein Urteil des LG Koblenz vom 15.02.2022 (Az. 1 O 72/20). In dem zu beurteilenden Sachverhalt hatte der spätere Kläger sein Auto auf dem Parkplatz eines Kletterwaldes im Stadtwald der Stadt D abgestellt. Als von einem Baum ein ca. 4 m langer Ast abbrach, beschädigte dieser das Fahrzeug. Die letzte Baumkontrolle im Bereich des Parkplatzes hatte die Beklagte Anfang Januar 2019 durchgeführt. Diese war aber offenbar nicht mit der erforderlichen Sorgfalt durchgeführt worden. Denn “nach einer Vernehmung des Försters als Zeugen und der Anhörung eines Sachverständigen gelangte das Gericht zu der Überzeugung, dass bei ordnungsgemäßer Durchführung von Baumkontrollen im Bereich des Parkplatzes die Gefahr eines Astbruches zu erkennen gewesen wäre.” In der Folge verurteilte das Gericht die beklagte Stadt zu Zahlung von 7.420,03 € an den Kläger.
Dass Bäume umfallen, kann verschiedenste Ursachen haben: zu lange Trockenperioden, Pilzbefall, Borkenkäfer, Naturgewalten wie Stürme, etc. Daher trifft den Eigentümer eines Baumes die sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Danach muss ein Baum in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden. Die Anforderungen an die Kontrolle hängen unter anderem auch davon ab, ob es sich um eine Privatperson oder den Staat handelt. Bestehen bei der Sichtkontrollen Anhaltspunkte, die auf eine Gefahr hindeuten, muss der Baum eingehender begutachtet und gegebenenfalls beseitigt werden.
Wer durch einen umfallenden oder umgefallenen Baum geschädigt wird, hat einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Baumeigentümer – wenn dieser seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat. Das muss allerdings vom Geschädigten nachgewiesen werden. Daher ist es wichtig frühzeitig einen Rechtsbeistand hinzuzuziehen. So kann beispielsweise auch rechtzeitig der noch vorhandene Baum begutachtet oder zumindest andere Beweise gesichert werden.
Der Standort des Baumes ist für die den Umfang und die Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht entscheidend. Anders als an einer vielbefahrenen Straße, “wird die Gefahr eines durch Braunfäule verursachten Stammbruchs … nicht deshalb zu einer atypischen Waldgefahr, für die der Waldbesitzer einzustehen hätte, weil ein geschulter Baumkontrolleur sie hätte erkennen können (BGH, Urt. v. 02.10.2012, Az. VI ZR 311/11).
Sollten Sie oder Ihr Fahrzeug einen Schaden durch herabfallende Baumteile erlitten haben, kontaktieren Sie uns!
(Artikel vom 11. Jan. 2021, aktualisiert am 28.05.2024)