Seit dem 31.03.2018 müssen europaweit alle neuen PKWs mit dem automatischen Notrufsystem -eCall – ausgestattet sein.
Die Grundsteinlegung für die europaweite Einführung des neuen Notrufsystems eCall für alle neuen PKWs und leichten Nutzfahrzeuge erfolgte durch Erlass einer entsprechenden Verordnung durch das Europäische Parlament und den Europäischen Rat bereits 2014. Ziel der neuen gesetzlichen Regelung ist es, ein europaweit standardisiertes Notrufsystem einzuführen und vor allem im Falle von schweren Verkehrsunfällen die Absetzung eines automatischen Notrufes sicherzustellen, wenn die im Fahrzeug befindlichen Insassen nicht mehr in der Lage dazu sind. So soll insgesamt ein schnelleres Einschreiten der Rettungskräfte und damit eine schnellere Erstversorgung der Unfallopfer sichergestellt werden.
Weiterhin soll die Unfallstelle schneller gesichert und geräumt werden können, um so etwaige Folgeunfälle und unfallbedingte Staus zu verringern. Die EU erwartet, dass durch den automatischen Notruf die von den Einsatzkräften zum Erreichen der Unfallstelle benötigte Zeit halbiert werden kann. Wertvolle Zeit, die schwerverletzten Unfallopfern zu Gute kommen und zu einer erheblichen Reduzierung der Unfalltoten führen soll.
Wie funktioniert eCall?
Das Notrufsystem basiert auf unterschiedlichen Komponenten, die im Fahrzeug eingebaut bzw. installiert werden müssen. Dazu zählen zunächst Sensoren, die die Schwere des Unfalls erfassen und bei entsprechender Erheblichkeit automatisch einen Notruf auslösen. Ferner werden im Fahrzeug eine GSM-Antenne, ein GPS-Empfänger, ein Steuergerät mit fest verbauter SIM-Karte, eine Freisprecheinrichtung und eine sogenannte Rettungskarte, sowie eine Notstromversorgung benötigt.
Sobald die Sensoren des Fahrzeugs einen erheblichen Unfall verzeichnet haben, löst das Steuergerät mittels Mobilfunkverbindung über die GSM-Antenne automatisch einen Notruf aus. Für diesen Notruf wird die zentrale Notrufnummer 112 genutzt. Dabei wird der Notruf an den nächstgelegenen Rettungsdienst, den sogenannten PSAP (Public Safety Answering Point) weitergeleitet und gleichzeitig der vom GPS-Empfänger des Fahrzeugs ermittelte Standort des Fahrzeugs, sowie weitere standardisierte Daten, insbesondere die in der Rettungskarte des Fahrzeugs enthaltenen individuellen Fahrzeugdaten, übermittelt.
Zusätzlich wird auch eine Sprachverbindung zu der zuständigen Rettungsstelle aufgebaut, damit die Fahrzeuginsassen die Möglichkeit haben, persönlich mit der betreffenden Notrufzentrale zu kommunizieren. Nach den gesetzlichen Vorgaben muss das eCall-System auch die Möglichkeit bieten, dass von den Fahrzeuginsassen manuell ein Notruf ausgelöst werden kann. Dies ist z.B. sinnvoll, wenn es nicht zu einem Unfall gekommen ist, aber trotzdem ein akuter medizinischer Notfall, wie z.B. ein Kreislaufzusammenbruch oder Herzinfarkt eines Fahrzeuginsassen, vorliegt.
Welche Daten werden konkret übertragen?
Sobald mit dem automatischen Notrufsystem ein Notruf abgesetzt wird, werden folgende Daten an die zuständige Einsatzleitstelle weitergeleitet:
Diese Daten werden durch das gesetzlich vorgeschriebene eCall-System des Fahrzeugs nicht abgespeichert.
Bestehen Risiken im Hinblick auf den Datenschutz?
Naturgemäß kann dieser Themenbereich aktuell unmittelbar nach Ersteinführung des eCall-Systems noch nicht abschließend beurteilt werden. Erst ein längerfristiger Praxiseinsatz des Systems wird verlässlichen Aufschluss über bestehende Risiken geben.
Nach vorläufiger Einschätzung sollten sich die datenschutzrechtlichen Probleme bei der Nutzung des gesetzlich vorgesehenen eCall-Systems aber in überschaubaren Grenzen halten. Die im Fahrzeug mit dem Steuergerät fest verbaute SIM-Karte bucht sich erst dann in das am Fahrzeugstandort vorhandene stärkste Mobilfunknetz ein, wenn die Sensorik des Fahrzeugs ein relevantes Unfallereignis gemeldet hat, um die allgemeine Notrufnummer 112 zu wählen. Die relevanten Daten, insbesondere die Standortdaten des Fahrzeugs, werden nach Übersendung nicht gespeichert, weswegen über ein reines eCall-System beispielsweise keine Bewegungsprofile des Fahrzeugs erstellt werden können. Zudem ist in der einschlägigen EU-Verordnung zum eCall-System geregelt, dass ein Datentransfer zwischen dem eCall-System und einem vom Fahrzeughersteller oder einem anderen Hersteller im Fahrzeug vorbauten Connected-System nicht erfolgen darf.
Dagegen kann die Sachlage ganz anders zu bewerten sein, wenn ein vom Fahrzeughersteller oder einem sonstigen Hersteller angebotenes System zur Notrufabsetzung genutzt wird. Für ein derartiges System gelten die EU-Vorschriften nicht. Daher erhält bei Systemen eines Fahrzeugherstellers in der Regel ein vom Fahrzeughersteller beauftragter privater Dienstleister die von dem jeweiligen System übermittelten Daten, welcher danach seinerseits die zuständige offizielle Rettungsleitstelle informiert. Ein weiterer Unterschied ist, dass die Connected-Systeme der Fahrzeughersteller häufig dauerhaft in einem Mobilfunknetz eingebucht sind. Welche Daten erhoben, gespeichert und gegebenenfalls an Dritte weiterübermittelt werden, ist grundsätzlich in einem Vertrag geregelt, der in der Regel zwischen Fahrzeughersteller und Fahrzeughalter abgeschlossen wird. Es ist daher sinnvoll, vor Nutzung entsprechender Angebote der Fahrzeughersteller das Kleingedruckte
gut zu lesen.
Nachrüstverpflichtung für Altfahrzeuge?
Eine Nachrüstung ist technisch möglich. Eine gesetzliche Verpflichtung, ein eCall-System in Altfahrzeugen
nachzurüsten, besteht nicht. Wer im Ernstfall eine schnellstmögliche Verständigung der Rettungskräfte sicherstellen möchte, sollte sich über Aufwand und Kosten der Nachrüstung bei dem Händler seines Vertrauens informieren.
Kanzlei-Voigt-Praxistipp
Die Einführung des eCall-Systems entbindet an der Unfallstelle befindliche Personen nicht von der Verpflichtung, so gut und so schnell wie möglich die Unfallstelle abzusichern und gegenüber hilfebedürftigen und verletzten Personen erste Hilfe zu leisten.
Selbstredend ist, dass eintreffende Hilfskräfte nicht bei den Rettungsmaßnahmen behindert werden und auch keine Fotos und Videos von Verletzten gemacht werden dürfen. Dabei stellt bereits das Fotografieren und Filmen an sich einen Straftatbestand dar. Eine Verbreitung der Fotos und Videos stellt zwar eine weitere strafbare Handlung dar, ist zur Begründung einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit aber nicht erforderlich. Nähere Informationen zu den Folgen der Behinderung von Rettungskräften finden Sie in unserem Artikel Wenn der Sensationswahn zur Gefahr für Dritte wird
vom 17.01.2018.